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Dresdner Sportclub 1898 e.V. Abteilung Fußball | 10. Dezember 2024

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Serie „DSC-Geschichte ab 1990“: Teil 5 = 2000-2002

10.05.2020

20.04.2002: DSC - Rot-Weiß Essen 14.10.2000: SC Verl - DSC 16.09.2000: DSC - BVB Amateure

Kurzer Rückblick auf die ersten vier Teile unserer Serie. In zehn Jahren nach der politischen Wende hat es der DSC bis zur Vizemeisterschaft in der Regionalliga gebracht. Die damit einhergehende Qualifikation für die neue zweigleisige Regionalliga Nord bedeutet zugleich das Dasein als Nummer 1 in Fußball Dresden. Nun beginnt aber der vermeintliche Höhenflug. Der DSC träumt weiter vom Profifußball, verkennt aber mehr und mehr die Realität. Die Trainer fliegen nun schneller, vom Mittelfeld rutscht man in den Abstiegskampf und hält letztlich nur noch am grünen Tisch die Klasse. Der Absturz beginnt ganz allmählich. Darüber und über Fusionsgedanken, rechtsextreme Mitarbeiter, Geldprobleme sowie verspätete Heimkehrer erfahrt Ihr im aktuellen Teil über die Jahre 2000 bis 2002 mehr.

 

Saison 2000/01 (Regionalliga Nord)

Trainer Matthias Schulz kann zum Auftakt folgende neue Akteure begrüßen: Torjäger Hendryk Lau (vom SV Babelsberg), Ronny Ernst (Waldhof Mannheim), Ronald Hamel (FV Dresden-Nord), Peter-Paul Petzold (Dynamo Dresden), Torhüter Roger Schöne (Kickers 94 Markkleeberg), und Boris Lucic für 100.000 Mark von Sachsen Leipzig.

Letzterer sollte viele Jahre später auch noch einmal als Sportclub-Coach agieren und dies sogar über eine verhältnismäßig lange Zeit. Lucic wurde mit großen Vorschuss-Lorbeeren empfangen. Er galt sogleich als die Alternative für den Abwehr-Strategen Thomas Hoßmang, der in der Vorsaison von den Trainern zum zweitwertvollsten Spieler der Regionalliga Nordost gewählt worden war. Dem DSC fehlte aber ein Ersatz, der mit dem flexibel einsetzbaren Lucic gefunden wurde. Übrigens: Lucic ist ein Sachsen-Kicker: seit 1992 spielte er zuvor auch schon beim Chemnitzer FC, Erzgebirge Aue und FSV Zwickau.

Fünf DSC-Fans sehen im österreichischen Sommer-Trainingslager in Lindabrunn ein 2:2 gegen die Amateure von Austria Wien und bekommen von der Mannschaft 230 Mark Spritgeld für die Rückfahrt. Wieder zurück in Dresden besiegt der DSC vor 600 Zuschauern die Olympia-Auswahl von Vietnam mit 4:0. Währenddessen gibt es Wirbel um Sanchez, der weg will und schließlich auch an den argentinischen Zweitligisten Club Atlético Tigre ausgeliehen wird.

Die neue Liga war natürlich extrem spannend für alle Beteiligten. Neben den Absteigern aus der 2. Liga, Tennis Borussia Berlin und Fortuna Köln, setzte sich die Liga aus Teams von ehemals drei verschiedenen Regionalligen zusammen. Der Großteil der Gegner war also unbekannt – zumindest im direkten Vergleich. Neu ist zudem, dass jeder Verein im Kader auf dem Spielbericht mindestens zwei U23-Spieler aufstellen muss. Diese müssen allerdings nicht spielen.

Ein entschiedener Einschnitt ist, dass der DSC ab sofort aus Sicherheitsgründen gezwungen ist, im Rudolf-Harbig-Stadion zu spielen. Das ist zwar nach einem DSC-Leichtathleten benannt, aber gehört zum ungeliebten Stadtnachbarn Dynamo Dresden. Der DSC bemühte sich fortlaufend mit dem DFB und der Stadt Dresden darum, das Steyer-Stadion regionalligatauglich zu bekommen, was zur Rückrunde dann auch endlich gelingt.

Das erste Auswärtsspiel der Saison geht in Leutzsch mit 0:0 über die Bühne, dafür erfreuen sich die 6.781 Zuschauer an vier Platzverweisen – gleichverteilt für beide Teams. Im ersten Heimspiel gibt’s dann vor 3.098 Zuschauern die erste Pleite – 0:2 heißt es am Ende gegen Erzgebirge Aue. Nach einem weiteren 0:0 in Köln, bei dem die Fans geschlossen den Block verlassen als die Mannschaft zum Abklatschen kommt, gibt es daheim gegen Babelsberg endlich das erste DSC-Tor der Saison und zugleich den ersten Dreier zu bejubeln. Ratke, Milde und Neuzugang Lau treffen. Letzterer feiert sein Tor gegen den Ex-Verein mit einem Unterziehshirt samt Aufdruck „Henne ist wieder da!“.

Doch zugleich steht der DSC nicht nur aus sportlichen Gesichtspunkten im Fokus, sondern auch aus politischen Gründen. Schon in der Sommerpause wurde mit Jens Löwe ein „Dathe-Vertrauter“ als neuer Marketingleiter vorgestellt. Im August wird dann ein gewisser Helmar Braun als Manager installiert. Brauns Vergangenheit kam aber schnell ans Licht und rief keine große Begeisterung hervor, da diese passend zum Namen sehr braun ist. Als Vorsitzender der Sächsischen Nationalen Liste gehörte er einer rechtsextremen Splittergruppe an. Auch wurde er dem Umfeld der Neonazi-Gruppen „Nationale Offensive“ und „Nationaler Widerstand“ zugeordnet. Da er am 1. Mai 2000 bei einer NPD-Demo gemeinsam mit Löwe auch in vorderster Reihe gesehen wurde, konnte man auch nicht mehr von lange vergangenen Zeiten sprechen. Auf seinem Shirt prangte zur Demo der Schriftzug „Jörg Haider“.

Braun hatte gemeinsam mit seinem Geschäftspartner René Szabo im Jahr zuvor zudem auf der Waldschlößchenstraße das „Café Germania“ gegründet, ein anerkannter Szenetreff der Rechtsextremen. Im Szeneblatt „Foiersturm“ bekräftigte Braun, dass er zur NPD gehöre. Es liefen überdies Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole. Der Verein musste handeln und trennte sich von Braun und wenig später auch Löwe.

Inwieweit Präsident Dathe zu diesen Personen kam, darüber wurde viel spekuliert und viel kolportiert. Wirklich klar ist nicht, ob ihm das alles so bewusst war. Freilich vermuteten es einige. Dathe, der Braun schon aus dem Dynamo-Fanblock kannte, sagte selbst dazu: „Ich kannte in Ansätzen seine Vergangenheit, wusste aber nicht, dass er immer noch der rechtsradikalen Szene zuzuordnen ist.“ Der Imageschaden war dem DSC auch dank des zögerlichen Handelns Dathes gewiss. Dabei war im DSC-Präsidium die Sache wohl weniger umstritten und der Rauswurf beider Akteure, tätig als freie Mitarbeiter, klar. Auch die Sponsoren forderten den Verein klar zu diesem Schritt auf. Vorm Babelsberg-Spiel ergriff Dathe das Mikrofon und entschuldigte sich im Namen des Präsidiums und stellte klar, dass man die Situation unterschätzt habe.

Auch die „Ostfront“-Fanclubfahne ist in diesem Zusammenhang höchst umstritten. Fanprojekt-Chef Lars Kretzschmar gibt zu Protokoll, dass die Fahne Bezug nimmt auf die geografische Verortung des DSC als äußerste östliche Front, die sich der Übermacht der Westvereine gegenüberstellen würde. Nicht ganz stringent, da die Fahne ja auch schon in der vorherigen Saison (ganz ohne Clubs aus dem „Westen“) gezeigt wurde. Wenig später sagt Marketingleiter Löwe, dass er die Fahne finanziert hätte und diese nun eingezogen wird und nicht mehr präsentiert werden soll. Zum Babelsberg-Spiel, Spiel 1 nach dem Rauswurf, stehen Löwe und Braun übrigens im Fanblock und entrollen das Transparent noch einmal. Nichtsdestotrotz muss man hier auch klar festhalten, dass das überwiegende Gros der DSC-Zuschauer nichts mit rechten Tendenzen zu tun hatte.

Neuer Manger wird dann im September Chris Waschke, der als Geschäftsführer der ReproTeam GmbH und als Sponsor unter anderem schon für das Stadionjournal „98er live“ verantwortlich war.

So, nach diesem ausführlichen Ausflug ins „Drumherum“ zurück zum Sportlichen: Der DSC scheidet in der Ausscheidungsrunde des Landespokals gegen Oberligist Stahl Riesa aus, 1:3 heißt es am Ende. Danach ist der Saisonverlauf eher ein Kampf-Krampf mit vielen Unentschieden. Der Sportclub bewegt sich immer knapp über der Abstiegszone. Drei Siege in Folge gegen Essen, Verl und Uerdingen (11. bis zum 13. Spieltag) bringen die Dresdner aber deutlich voran und sichert Trainer Schulz vorerst den schon diskutierten Stuhl. Gegen Uerdingen feiern die DSC- und KFC-Fans derweil ihre Fanfreundschaft. Bei Testkicks in heimischen Gefilden wird man in dieser Zeit z.B. mit „Das Topspiel des Jahres“ empfangen (Budissa Bautzen).

Vor der 1:4-Niederlage bei Eintracht Braunschweig suspendiert Trainer Schulz Sven Ratke schon zum zweiten Mal in der Saison und streicht ihn aus dem Spieltagskader: „Ich möchte nicht ins Detail gehen, aber Sven Ratke hat zum wiederholten Mal die Regeln des Anstandes missachtet“, kommentierte Schulz gegenüber der Sächsischen Zeitung. Zuvor gab es wohl schon einmal im Training Handgreiflichkeiten und Ratke spiele im Kader der DSC-Zweiten in der Bezirksliga. Dort belegte die 2. Männer am Ende einen guten vierten Platz hinter Laubegast, Budissa Bautzen und Possendorf.

Das Spiel in Braunschweig ist zugleich das letzte von Trainer Schulz. Der DSC hat als Elfter zwar fünf Punkte Vorsprung vor der Abstiegszone im 19er-Feld, aber der Blick der Verantwortlichen ging wohl eher woanders hin. Auf Aufstiegsplatz 2 fehlten eben schon neun Zähler. Der Aufstieg war nicht als Ziel ausgegeben, aber immer wieder hörte man 2. Bundesliga im Zusammenhang mit der Zukunft. Und man wollte wenigstens ganz vorne mitspielen. Thomas Dathe sagte zum Rauswurf: „Ein Schritt, der uns sehr schwergefallen ist. Matthias Schulz hat vor allem im menschlichen Bereich hervorragende Qualitäten, war immer für den Verein da. Seine großen Verdienste für den DSC sind unbestritten.“ Man traute ihm nach spielerisch schwachen Vorstellungen in den Spielen gegen die beiden Spitzenteams wohl aber nicht zu, den DSC weiter nach vorn zu bringen. Im Rückblick kann man dies sicher als sehr umstrittene Entscheidung werten, die zugleich die klaren Ambitionen der 98er in dieser Phase zeigt. Anspruch und Wirklichkeit begannen, auseinanderzudriften. Bei den Fans war Schulz äußerst beliebt und viele bedauerten die Entlassung sehr. Schulz resümierte in der Winterpause danach: „Einige Verantwortliche im Verein haben die sportliche Situation nicht realistisch eingeschätzt.“ Am Rande: Schulz sollte mit der Vizemeisterschaft in der Regionalliga 2000 die beste Platzierung des DSC in der Neuzeit holen.

Es übernimmt der in Dresden gut bekannte Hans-Jürgen Kreische. Er war bereits im Sommer 2000 zum DSC gekommen und hatte die A-Jugend als Trainer übernommen. Ziel war es, den schwarz-roten Nachwuchs aufzupolieren stand man hier doch klar hinter Dynamo und Nord nur an dritter Stelle. Am 28. November übernahm Kreische nun die Regionalligaelf. Ratke ist unter Bewährung wieder mit dabei und die Stimmung unter den Spielern nach der Entlassung des auch in der Truppe beliebten Trainers wohl nicht so prickelnd. Dirk Losert steht Kreische zunächst als Co zur Verfügung, aber nach zwei Tagen holt man den ebenfalls beurlaubten Karsten Petersohn als Co zurück und an die Seite von Kreische. Schulz wollte man in anderer Position im Verein halten, aber nach etwas Bedenkzeit lehnte dieser dankend ab. Zum Einstand gibt’s vor 1.111 Zuschauern gegen den Berliner TC Borussia einen klaren 3.0-Erfolg zu feiern.

Winterpause ist Hallenzeit: Dem 2. Platz beim Super-Regio-Cup (Finalniederlage gegen Aue nach Neunmeterschießen) folgte an gleicher Stelle beim DFB-Hallenmasters ein starker Auftritt. Bundesligist (am Saisonende immerhin Tabellenvierter) Bayer 04 Leverkusen hatte mit 1:4 das Nachsehen gegen den DSC. Gegen Energie Cottbus (1. Liga) folgte eine 1:3-Niederlage. Im Viertelfinale setzte sich Bundesligist Hansa Rostock erst nach Neunmeterschießen mit 3:1 gegen die Schwarz-Roten durch. Zwischendurch gabs noch beim Zwickauer Hallenmasters den Turniersieg. Danach gings nach Zinnowitz auf die Insel Usedom ins Trainingslager.

Bustos wollte in der Winterpause eigentlich zu Tabellenführer Union Berlin wechseln, was aber von Unions Seite aus scheitert. Dafür kommt er samt Mitspieler Cassano extrem verspätet aus einem sechswöchigen Argentinien-Urlaub zurück, was gar nicht gut ankommt. Der Rückrundenauftakt soll also ohne beide über die Bühne gehen, fällt aber ohnehin ins Wasser. Vorm Spiel gegen Fortuna Köln schneit es kräftig. Rund 40 Fans sowie Spieler sind zwar dabei den Platz zu räumen, doch dieser ist zu weich und der Schiedsrichter sagt das Spiel ab. Die Rückrunde verläuft dann mittelprächtig. Man holt genug Punkte, um mit unten nix zu tun zu haben, zu mehr reicht es aber auch nicht.

Letztlich kann auch Kreische nicht mehr aus der Mannschaft rausholen und die Rückrunde bleibt mit 3 Punkten weniger Ausbeute sogar leicht hinter der Hinrunde zurück. Am vorletzten Spieltag ist nach einem 1:0 über Braunschweig der Klassenerhalt ganz fix. Da aber sowohl Wilhelmshaven als auch Sachsen Leipzig keine Lizenz erhalten, ist der Abstand zur Abstiegszone sogar 16 Punkte groß. Und Düsseldorf wie auch die Werder Bremen Amateure freuen sich über den unverhofften Klassenverbleib. Der DSC wird Neunter in der der ersten Saison der Regionalliga Nord.

Im Schnitt 1.410 Zuschauer pro Spiel zieht der Sportclub an. Im Ranking heißt dies Platz 13 von 19. Eintracht Braunschweig gewinnt das Ranking mit fast 10.000 Zuschauern pro Spiel. Dennoch ist die Heimbilanz des DSC einigermaßen wertvoll. 33 Punkte im „eigenen“ Stadion bedeuten Platz 5 der Heimtabelle. Auswärts reichen 16 Punkte nur zu Platz 15. Das Auswärtsspiel der Schwarz-Roten bei den Amateuren von Borussia Dortmund am 10. März 2001 ist mit nur 270 Zuschauern das am drittschlechtesten besuchte Ligaspiel der Saison.

Stadtnachbar Dynamo Dresden zieht in der Oberliga mit derweil 3.837 Zuschauern im Schnitt deutlich mehr Fans an. Der Wiedergründung des glorreichen DSC folgte ein rasanter Aufstieg, aber man kann 40 fehlende Jahre eben nicht wettmachen. Es fehlen zwei ganze Generationen an Fans. Als Nummer 1 der Stadt leistet sich der DSC derweil auch hin und wieder ordentlich Häme gegenüber dem Stadtkonkurrenten. Verständlich und sportlich auch verdient. Aber bezogen auf die Fananzahl muss man anerkennen, dass man noch lange nicht auf gleichem Niveau ist.

Während der Saison bringt übrigens Dynamo-Investor Kinowelt/Sportwelt eine Fusion ins Gespräch, aber nur unter dem Namen Dynamo, da der DSC keine Marke sei. Nun gut, Thema erledigt. Bei Dynamo selbst hat man trotz klar verpasstem Wiederaufstieg aber eh kein Interesse. Beim DSC fühlt man sich verraten von Dathe und geht auf die Barrikaden, was wiederum bei Dathe selbst zu Rücktrittsgedanken führt, da diesem die Anfeindungen zu weit gehen.

Seit der Winterpause ist auch ein Etatloch von rund 800.000 DM beim Sportclub ein immer wiederkehrendes Thema. Ausbleibende Sponsoring-Zahlen sind offiziell der Grund. Man hatte wohl aber auch mit mehr Zuschauern und generell etwas optimistisch geplant. Für die neue Saison plant man daher auch mit „nur“ noch 3,7 Millionen DM anstatt 4,8 Millionen DM wie diese Saison. Reichlich Auflagen gibt’s dennoch, aber man erfüllt diese wieder bis zum Stichtag in einem Kraftakt. Sogar ein Bürgschaftskonto wird eingerichtet, auf das u.a. der Club der 100 wie auch Fans einzahlen.

Der Sächsische Fußball-Verband schließt den DSC wegen Nichterfüllung des Schiedsrichtersolls vom nächsten Landespokal-Wettbewerb aus – genauso ergeht es übrigens auch Dynamo.

 

Saison 2001/02 (Regionalliga Nord)

Die Schlagzeilen zum Auftakt in die neue Saison bestimmen wieder die Argentinier. Die BILD-Zeitung titelt „Wieder Stress mit Gauchos“. Sanchez, dessen Ausleihe beendet ist und er damit zurückkehrt, beantragte sein Visum zu spät, Cassano schiebt es auf den Streik seiner Fluggesellschaft und Bustos soll eh verkauft werden. Die vielbeschworene deutsche Pünktlichkeit ist bei den Argentiniern zumindest noch nicht in Fleisch und Blut übergegangen.

Als Neuzugänge können derweil Torhüter Enrico Keller (vom Halleschen FC), Olexiy Kurylenko (Gießen), René Trehkopf (Energie Cottbus Amateure), Przemyslav Wegier (Gornik Zabrze) und Martin Bronec (FSV Hoyerswerda) begrüßt werden. Der Vertrag mit dem 36-jährigen Maglica wird nicht verlängert, um Personalkosten zu sparen. Ebenfalls raus ist Alexander Gleis. Thomas Schmidt wird nach Neugersdorf verliehen. Und Torwart Thomas Weidner geht nach Laubegast. Insgesamt also diesmal kein großer Umbruch, geschuldet auch dem niedrigeren Etat im Vergleich zur Vorsaison.

Einen internationalen Hauch gibt’s beim Testspiel in Weißig gegen den polnischen Erstligisten Stomil Olsztyn – Endstand: 0:0. Ein weiteres Highlight der Vorbereitung ist das Testspiel gegen Zweitligist Eintracht Frankfurt (0:3) vor 1.188 Zuschauern im heimischen Steyer-Stadion und buntem Rahmenprogramm. Ein Tag später gibt’s noch ein 0:6 bei Bundesligist Energie Cottbus in Finsterwalde.

Präsident Thomas Dathe geht mit dem Ziel „oben mitzuspielen“ in die Saison. Er sieht sechs bis acht Mannschaften mit dem Potential für ganz oben ausgestattet. Dass der DSC dazu gehört, erweist sich später aber als Fehleinschätzung.

Die Saison beginnt mit einem 0:2 gegen die Freunde aus Uerdingen ehe am 2. Spieltag Zweitliga-Absteiger Chemnitzer FC mit 2:1 geschlagen wird. Im inzwischen abgerissenen Rheinstadion Düsseldorf gibt’s vor 5.000 Zuschauern ein 0:1 aus DSC-Sicht und zwei Platzverweise für den Sportclub. Wenig Freude gibt es auch beim 1:3 in Münster. Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus schickte Ratke wegen angeblicher Tätlichkeit vorzeitig zum Duschen. Eine Tradition entsteh. Mit „Bibi“ Steinhaus holt der DSC keine Punkte und beendet das Spiel auch nicht zu elft. Ein Jahr später gibt’s so zum Beispiel in Hamburg bei den HSV-Amateuren das gleiche Schema zu bewundern. Da hilft es auch wenig, dass der Dresdner Oberbürgermeister Ingolf Roßberg im DSC-Poloshirt im Steyer-Stadion auftaucht. Der DSC steht im Tabellenkeller und holt erst im siebenten Saisonspiel gegen Werder Bremen Amateure wieder Punkte.

Zuvor zieht das DSC-Präsidium aber die Reißleine und entlässt Trainer Kreische nach knapp zehnmonatiger Amtszeit. Mannschaft und Trainer fanden wohl nie so recht zueinander. Sein Co-Trainer Karsten Petersohn übernimmt für ihn und holt gleich den wichtigen Dreier gegen Werder, der den DSC zumindest auf Tabellenplatz 15 von 18 schiebt. Petersohn spielte 1990 noch als Aktiver mit dem DSC in der Bezirksliga, zuvor auch für Dynamo Dresden und Bischofswerda in der DDR-Oberliga. Als Co-Trainer und 1994 auch für kurze Zeit Trainer prägte Petersohn damit die Zeit der Wiedergründung beim DSC. Ihm zur Seite steht Andreas Diebitz als spielender Co-Trainer. Als erste Amtshandlung holt er unter anderem den in die 2. Mannschaft „verbannten“ Boris Lucic zurück in die Startelf.

Es folgen muntere Spiele, unter anderem ein 3:4 gegen Holstein Kiel oder ein 4:5 gegen Wattenscheid, zumeist aber leider Niederlagen. Der DSC steht weiter mitten in der Abstiegszone. Derweil gibt es auch wieder Geldsorgen. Die Spieler sollen auf 10 % des Gehalts verzichten, Sponsorengelder fließen nicht wie geplant. Präsident Dathe stellt der Mannschaft ein Ultimatum und droht mit dem Rückzug. Zudem ist er über das nicht wachsende Zuschauerinteresse enttäuscht: „Dass der Verein nicht angenommen wird, dafür habe ich überhaupt keine Erklärung. Der DSC war die erfolgreichste Vorkriegsmannschaft, dann gab es ihn überhaupt nicht mehr. 1990 kam der Verein zurück und stieg stetig nach oben. Es ist aber kein neuer Zuschauer bereit, zu den DSC-Spielen zu gehen. Das ist mir persönlich ein absolutes Rätsel.“ In der Regel hat der DSC in dieser Phase knapp unter 1.000 Zuschauern. Dies und die verhinderten Fusionsversuche nagen an Dathe, der so langsam die Lust verliert.

Am 17. Spieltag gibts beim überraschenden 2:1-Sieg gegen den Tabellendritten in Lübeck vor 4.000 Zuschauern neue Hoffnung. Großen Anteil hat Ersatzkeeper Roger Schöne, der für den verletzten René Groß zwischen den Pfosten steht. Und auch der Schlussspurt im Jahr 2000 ist äußerst erfolgreich. Erst besiegt man den CFC samt Ex-DSC-Trainer Schulz mit 1:0 (ca. 60 % der 2.498 Zuschauer drücken den Gästen die Daumen), dann ballert Hendryk Lau den DSC zum 3:1 gegen Düsseldorf und dann wird auch noch Fortuna Köln im Südstadion mit 2:0 besiegt. Der DSC überwintert so doch noch auf Tabellenplatz 13 – mit 4 Punkten Vorsprung auf die Abstiegszone.

In der Winterpause gelingt mit dem Sieg beim Zwickauer Hallenmasters die Titelverteidigung. Die Argentinier Sanchez und Cassano kommen derweil mal wieder zu spät aus dem Heimaturlaub – inzwischen auch eine unendliche, sich immer wiederholende Geschichte. Das Trainingslager wird in Italien in Norcia, nahe Perugia, abgehalten. Hier verlieren die 98er mit 0:4 gegen den polnischen Erstligisten Amica Wronki und mit 0:3 gegen den italienischen Drittligisten Ascoli Calcio.

Spielerberater Johny Baez entwickelt sich derweil zum Dreh- und Angelpunkt bei den DSC-Transfers. Er vertritt nicht nur die Argentinier, sondern vermittelt auch die aussortierten Bronec und Kurylenko. Mit Rashid Utush holt er zudem einen US-Amerikaner ins Gehege. Dieser spielt dann genau einmal. Gegen Preußen Münster wird Utush in der 75. Minute eingewechselt und fliegt zehn Minuten später mit Rot vom Platz. Nach Ende seiner Rotsperre fehlte Utush unentschuldigt zum Training und wieder wieder rausgeworfen. Auch die Argentinier gehen oder fliegen. Sie wollen wegen ausstehender Gehälter nicht mehr trainieren, der DSC kündigt wegen unentschuldigten Fehlens. Es ist ein Kreislauf mit Argumenten auf beiden Seiten. Am Ende reihen sich vor Gericht diverse Prozesse mit den Ex-Spielern und es geht immer um das ausstehende Geld.

Der DSC hat weiter Geldsorgen und ist die ganze Saison mit den Gehaltszahlungen im Rückstand. Die sorgt auch bei den Spielern für Frust. René Groß und Rocco Milde kündigen fristlos. Auch Wegier muss gehen, Gerüchten zufolge wurde ihm ein Diebstahl zum Verhängnis. Ronald Schmidt wechselt zu Wacker Burghausen in die 2. Liga und wird dort für viele Jahre zum Stamm gehören. Noch heute ist er in verantwortlicher Position bei Wacker dabei.

Der DSC-Kader schrumpft somit arg zusammen. Als Neuzugänge werden Danny Kukulies, die Tschechen Martin Smisek und Andrzej Jasinski sowie Daniel Gunkel und der Neuseeländer Aaron Lines geholt.

Man spart an allen Ecken. Das Stadionjournal „98er live“ wird nur noch in schwarz-weiß herausgegeben. Auch der Verkauf von Schmidt soll einen Beitrag leisten und verhinderte wohl zwischenzeitlich sogar die Insolvenz-Anmeldung. Für die neue Regionalliga-Saison plant man nur noch mit 1,3 Millionen Euro. Die Personalkosten sollen um 40 % gesenkt werden. Der Abwärtstrend des DSC ist so nicht mehr aufzuhalten. Aus den ersten sechs Partien des Jahres 2002 holt der DSC nur magere 2 Punkte. Nach dem torlosen Remis in Aue ist daher für Trainer Petersohn Schluss. Er wird entlassen. Dathe wollte es schon eine Woche eher, wurde vom Präsidium und Manager aber umgestimmt. Trotz Remis nun also die Entlassung Anfang April 2002.

Mit Eberhard Vogel wird sein Nachfolger direkt präsentiert. Vogel kommt aus Magdeburg, war zuvor DDR-Fußballer des Jahres 1969 und auch Nationaltrainer in Togo. Andreas Diebitz bleibt der Co an Vogels Seite. Der Trainer-Einstand beim Sportclub geht mit einer 1:2-Heimniederlage gegen die SG Wattenscheid 09 aber schief.

Hoffnung gibt dem Drittletzten in dieser Phase nur, dass aufgrund der regionalen Verteilung der vermutlichen Absteiger aus der 2. Bundesliga der viertletzte Tabellenplatz in der Regionalliga Nord zum Klassenerhalt reicht. Dafür gilt es aber einen 4-Punkte-Rückstand wett zu machen. Aber sportlich reicht die Qualität der Mannschaft einfach nicht aus. Ende April gibt’s dafür Post aus Frankfurt am Main. Die Lizenz für die 3. Liga ist unter Auflagen erteilt: Einhaltung Sanierungskonzept, Nachweis diverser geplanter Einnahmen.

Sportlich hat man in der Friedrichstadt die Hoffnung aber mehr oder weniger aufgegeben und plant bereits für die Oberliga. Am 5. Mai ist der sportliche Klassenerhalt nicht mehr machbar. Beim 2:2 gegen den 1. FC Magdeburg werden auf Grund akuter Personalsorgen aus der 2. Mannschaft Uwe Lichtenberger, Rutger Nagel und Norbert Menzel in den Kader berufen. Letzterer macht über 90 Minuten seine erste Partie im Profi-Kader. Zwei Partien noch und acht Punkte Rückstand auf Platz 15, das ist nicht mehr machbar. Dafür kämpft man gegen die punktgleichen Düsseldorfer und Fortuna Köln noch um Rang 16 – wer weiß schon, wofür das gut ist.

Es folgt ein 0:4 in Osnabrück, doch auch die anderen Kontrahenten hinten verlieren. Letzter Spieltag: Düsseldorf gewinnt 3:0 gegen Aue. Und der DSC verabschiedet sich mit einem 3:2 gegen Regionalliga-Meister und Aufsteiger VfB Lübeck vermeintlich aus der Regionalliga. Daniel Gunkel macht sein bestes Spiel beim DSC und trifft vor 711 Zuschauern doppelt. Der DSC bleibt so auf Rang 16, dank des um 2 Treffer besseren Torverhältnisses gegenüber der Düsseldorfer Fortuna. Übrigens: das 3:2 ist der erste Sieg des Jahres für den DSC. Bei Lübeck unter Trainer Dieter Hecking war die Luft aber auch raus, das merkte man sichtbar.

Und schon am Rande der Partie munkelte man über ernsthafte Probleme des 1. FC Magdeburg und des KFC Uerdingen, die Lizenzauflagen zu erfüllen – der letzte Strohhalm für den DSC. Man selbst gibt Bürgschaften über rund 500.000 DM erfolgreich beim DFB ab. Der 1. FC Magdeburg schafft dies mit den geforderten 2,6 Millionen bis zum 5. Juni dagegen nicht. Mitte Juni erhält der DSC endgültig die Lizenz. Dem FCM wird diese verwehrt. Nun hoffte man noch kurz auf Aachen, wo die Alemannia ebenso um die Zweitliga-Lizenz bangte. Hätte man diese nicht erhalten, wäre man in die Regionalliga Nord und der DSC wiederum in die Oberliga abgestiegen. Aachen bekommt aber die Lizenz und der DSC hält so am grünen Tisch die Klasse – doppeltes Glück wegen der Absteiger-Verteilung aus der 2. Liga und dem Lizenzentzug für Magdeburg. Inzwischen plant man in Dresden auch nur noch mit 1 Million Euro für die neue Saison, damit ist man Regionalliga-Budgetzwerg.

Am 22. Mai hatte Präsident Thomas Dathe nach rund drei Jahren beim DSC schon sein Amt niedergelegt und sich selbst eine Fußball-Auszeit verordnet. Mit dem Geld und der Energie Dathes schaffte der DSC die Qualifikation für die neue zweigleisige Regionalliga und holte die Vize-Meisterschaft. Allerdings begibt sich der DSC auf ganzer Linie auch in eine starke Abhängigkeit zum Immobilien-Unternehmer. Am Ende des Tages geht es schon jetzt deutlich bergab und die Substanz fehlt. Es bleibt die Frage, wie viel Risiko möchte man eingehen, um Chancen zu erreichen. Während andere Vereine mit den Kinowelt-/Sportwelt-Millionen des Vermarkters nur so um sich werfen, schafft der DSC mit deutlich weniger mehr als andere. Aber eben auch nicht nachhaltig im immer mehr boomenden Fußball-Geschäft.

Und sonst? Alle Regionalliga-Spiele der Saison absolvierte Stürmer Hendryk Lau. Mit 12 Treffern war er auch erfolgreichster Torschütze. Bei den Einsätzen folgen Thomas Hoßmang (33) und Tino Wächtler (27) sowie Knut Michael (26).

 

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