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Dresdner Sportclub 1898 e.V. Abteilung Fußball | 14. Mai 2024

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Im Gespräch mit Schiedsrichter Stefan Herde

19.05.2014

Zehn Schiedsrichter pfeifen aktuell für den Dresdner SC in verschiedensten Ligen. Unser “ligenhöchster” DSC-Schiedsrichter ist Stefan Herde, der derzeit Spiele in der Männer-Regionalliga leiten darf. Zeit für uns, euch den 25-Jährigen näher vorzustellen und über das “Hobby Schiedsrichter” zu berichten.

Online-Team: Hallo Stefan, außer deinem Namen bist du den meisten DSC’ern vermutlich eher unbekannt. Stell dich doch bitte einmal kurz vor?

Stefan Herde: Hallo, danke für die Einladung zu diesem Interview. Ich heiße Stefan Herde (25), bin Student als Verkehrsingenieur an der TU Dresden und seit 9 Jahren Schiedsrichter im Stadtverband Dresden.

Online-Team: Du hast zuerst im Nachwuchs des DSC selber gespielt. Wann und wie kamst du zum DSC?

Stefan Herde: Der DSC war nach der SG Weißig, FV Dresden-Nord (heute Borea Dresden) und Dynamo Dresden meine 4. Station als Fußballer. Beim Dresdner SC hatte ich schöne 3 Jahre, die mich als Fußballer und auch für meine Zukunft als Schiedsrichter gut vorbereitet haben.

Online-Team: Wann und warum hast du den Schiedsrichterlehrgang besucht und angefangen, auf dem Feld die Regeln durchzusetzen?

Stefan Herde: Mein Vater kam durch einen Aushang beim DSC auf die Idee. Die Perspektive als Schüler auf ein bisschen Taschengeld, kostenlosen Eintritt bei Spielen im DFB und vor allem die neue Herausforderung und Aufstiegschancen im Fußball haben mich sehr gereizt. 2004 begann ich wie jeder Schiedsrichter im Stadtverband mit einem Anwärterlehrgang. Hier bekommt man innerhalb von 2 Wochen bei Abendveranstaltungen das aktuelle Regelwerk beigebracht, um dann für die aktive Zeit als Schiedsrichter vorbereitet zu sein.
Ich hatte immer ein starkes Rechtsempfinden. Der Reiz auf dem Feld Konflikte zu lösen und sich auf unterschiedliche Charaktere einzustellen war von Beginn an sehr hoch.

Online-Team: Hast du anschließend weiter aktiv gespielt und wann hast du dich endgültig für die Schiedsrichterlaufbahn entschieden?

Stefan Herde: Lange Zeit war es möglich, beides miteinander zu verbinden. Einen Tag am Wochenende spielen, den anderen Tag pfeifen. Eine hohe Belastung, aber lange Zeit konnte ich mich nicht entscheiden, wo ich die größeren Perspektiven habe. Doch mit dem Aufstieg als Schiedsrichter in den Bezirk (Herren), wurde ich vor die Entscheidung gestellt. Neben dem Studium war die Schiedsrichterei durch individuelleres Zeitmanagement besser zu gestalten. Wahrscheinlich hatte ich auch ein bisschen mehr Talent, als beim Kicken.

Online-Team: Inzwischen darfst du in der Herren-Regionalliga pfeifen. Wie hoch ist der zeitliche Aufwand für Spiele in der Regionalliga?

Stefan Herde: Regionalligaspiele nehmen normalerweise immer einen ganzen Tag des Wochenendes in Anspruch. Rechtzeitige Anreise und relativ lange Fahrtstrecken schlagen hier natürlich stark auf die Zeit. Aber wenn man dann in einem Stadion mit bis zu 7.000 Zuschauern steht und sich mit profiähnlichen Bedingungen auseinandersetzt, nimmt man diesen Aufwand sehr gerne auf sich.

Online-Team: Wie groß muss die Leidensfähigkeit des Schiedsrichters sein?

Stefan Herde: Leidensfähigkeit – natürlich darf man nicht dünnhäutig sein und muss vereinzelt mit Kritik, teilweise auch unsachlicher Art, umgehen können. Hier bekommt man aber im Laufe der Zeit Erfahrungen, wie man diese gut eindämmen kann, bzw. wie man unsachliche Zurufe aus dem Zuschauerraum “ausblendet”.
Solange man als Schiedsrichter auf Augenhöhe agiert und den Dialog zu den Spielern/Verantwortlichen pflegt, überwiegen die positiven Eindrücke.

Online-Team: Während des Spiels wird ja oft über den Schiedsrichter geschimpft. Sowohl bei Spielern als auch Fans ist der Schiri tendenziell eher der Buhmann. Gibt es auch positive Rückmeldungen für die Spielleitung?

Stefan Herde: Natürlich. Oft sagt man als Schiedsrichter, keine Kritik wäre schon ausreichend Lob. Aber es gibt oft Tage, an denen trotz zweifelhafter Einzelentscheidungen am Ende Trainer oder Spieler Lob aussprechen. Wichtig sind hier, wie gerade genannt, ein sportlicher Dialog und ein guter Umgang untereinander, auch wenn man in manchen Situationen auch zu gelben oder roten Karten greifen muss.

Online-Team: Fragt man sich da manchmal: “Warum tue ich mir das an”?

Stefan Herde: Zweifel oder den Gedanken aufzuhören gab es noch nie. Jedes Mal, wenn es einen Rückschlag gab, wurde man aufgefangen und durch viele Verantwortliche und Freunde aus dem Sport wieder aufgebaut. Man lernt aus Fehlern und Problemen. Wichtig ist, die Ursachen zu erkennen und weiter hart an sich zu arbeiten.

Online-Team: Musstest du schon mal ein Spiel abbrechen? Welches war dein härtestes Spiel?

Stefan Herde: Einen Abbruch gab es bei mir leider auch schon, dies hatte glücklicher Weise nichts mit meiner Leistung zu tun. Nach Beleidigungen und diskriminierenden Zurufen aus dem Zuschauerraum verließ eine Mannschaft im laufenden Spiel das Feld. Es war ein komisches Gefühl – aber ließ sich durch mein SR-Team leider nicht verhindern.
Das härteste Spiel ist meist eins, wo man keinen Zugriff auf das Spiel, bzw. Kontakt zu den Spielern findet. Das führt zu vielen Karten und entsprechenden Unmut bei allen Beteiligten. Dort hinterfragt man sich, ob man nicht durch früheres Einwirken mit Kommunikation, Körpersprache und Persönlichkeit einiges hätte vermeiden können.

Online-Team: Und welche besonderen Geschichten sind dir im Gedächtnis geblieben?

Stefan Herde: Unendliche Dialoge; unbeschreibliche Partien; bekannte Spieler, die doch nur normale Menschen mit vielen Ecken und Kanten sind; viele Freundschaften unter den Schiedsrichtern – das sind alles Momente, die die Schiedsrichterei ausmachen und einzigartig sind.

Online-Team: Manchmal merkt man im Spiel doch sicher: “Das war eine Fehlentscheidung”. Wie gehst du damit um?

Stefan Herde: Die Situation schnellstmöglich abhaken. Du entscheidest mit deinem SR-Team nur nach deiner eigenen Wahrnehmung. Es gibt Dinge, die konntest du leider nicht aus deiner Position erkennen. Hier hilft es nur, alles zu vergessen und genau so weiter zu machen wie vorher! Hier darf man sich auch von außen nicht aus der Bahn bringen lassen. Erst nach dem Spiel ist es wichtig, Fehlerquellen zu analysieren und daraus zu lernen.

Online-Team: Würdest du Jugendlichen raten, Schiedsrichter zu werden und wenn ja, warum? Was macht für dich die Faszination aus?

Stefan Herde: Schiedsrichterei ist eine Lebensschule. Kommunikation, Durchsetzungsvermögen, Umsetzen von Regeln, Gerechtigkeitsempfinden, Kritikfähigkeit, Persönlichkeit, Fitness und Ausdauer – das sind nur einige Dinge, die ein guter Schiedsrichter braucht. Das sind außerdem alles wichtige “Softskills” – ob in der Familie, oder im Job.
Außerdem lernt man im Umfeld als Schiri viele Leute kennen. Ein solches Hobby schweißt zusammen.

Online-Team: Regelmäßig wird über Hilfsmittel für Schiedsrichter diskutiert. Wünschst du dir spezielle Hilfsmittel oder bist du Freund der ‚Ursprünglichkeit’?

Stefan Herde: Fußball lebt von Emotionen und von der Schnelligkeit des Spiels. Hilfe für den Schiedsrichter im laufenden Spiel, vor allem die Torlinientechnologie, würde uns Schiedsrichter in manchen Situationen aus der Schusslinie nehmen und uns die Entscheidung erleichtern.

Online-Team: Was machst du, wenn du keine Spiele leitest oder studierst?

Stefan Herde: Wichtige Ruhepunkte sind bei dem ausgefüllten Zeitplan meine Familie, meine Freundin (samt Hund) und meine Freunde. Hier kann ich entspannen und mich einfach nur wohl fühlen. Sonst reise ich sehr gerne, höre Musik und mache in meiner Freizeit in jeder möglichen Sekunde Sport.

Online-Team: Im Sommer fährt Felix Brych als deutscher Schiedsrichter zur WM nach Brasilien. Sollte Deutschland Weltmeister werden, darf er nicht das Finale pfeifen. Was glaubst du, wer eher nach Hause fährt: Felix Brych oder die Nationalmannschaft?

Stefan Herde: Felix Brych ist unumstritten einer der besten Schiedsrichter auf der Welt und durfte zu Recht das diesjährige Europa-League Finale leiten. Unsere Nationalmannschaft gehört auch zur absoluten Weltspitze.
Wichtig sind die ersten Spiele für alle Beteiligten. Sollte Felix gute Leistung bringen und Deutschland Weltmeister werden, sollten für Herrn Brych auch die Topspiele im vorherigen Turnierverlauf ein unvergessliches Erlebnis sein. Außerdem wird es für ihn bei weiter guten Leistungen nicht das letzte internationale Turnier gewesen sein.

Online-Team: Sehen wir dich zukünftig vielleicht auch noch im Profi-Bereich ab der 3. Liga als Schiedsrichter?

Stefan Herde: Die Regionalliga ist schon ein unglaubliches Erlebnis. Ich bin froh, den Schritt in Richtung Profibereich geschafft zu haben.
Sollte durch weiterhin gute Leistungen mehr drin sein, wäre das ein riesiger Traum von mir. Das Gute ist, dass die Leistungen aller Schiedsrichter auf einem Top-Niveau sind und daher die Konkurrenz, aber auch der eigene Ansporn, extrem steigt.

Online-Team: Vielen Dank für das ausführliche Interview. Möchtest du abschließend noch etwas los werden und den DSC’ern mit auf den Weg geben?

Stefan Herde: Nach vielen turbulenten Jahren beim DSC scheint es, als würde es aktuell durch eine Umstrukturierung im Verein vieles auf einem sehr guten Weg sein. Ein Verein wie der DSC hat einen anderen sportlichen Anspruch und sollte langfristig wieder in höheren Ligen vertreten sein. Hier muss jeder im Ehrenamt und im Verein sein Bestes geben. Hierfür drücke ich allen Beteiligten die Daumen.

[DH]

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