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Dresdner Sportclub 1898 e.V. Abteilung Fußball | 3. Juli 2025

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Von England über Dresden in alle Welt - DSC ältester Verein

09.08.2006

Die Fußball-Geschichte muss neu geschrieben werden: Der Dresdner FC, ein Vorgängerverein des Dresdner SC, wurde nach den Ergebnissen neuester Forschungen bereits im März 1874 und nicht wie bisher angenommen erst im Jahre 1890 gegründet. Der heutige Dresdner SC darf sich somit ab sofort als ältester Fußballverein des europäischen Festlandes bezeichnen.

Die Geburt des Dresdner FC war bisher in keiner Chronik erwähnt und auch für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) galt bisher Braunschweig, wo im Oktober 1874 erstmals gegen den Ball getreten wurde, als Geburtsstadt des Deutschen Fußballs, obwohl es sich dabei um Rugby handelte. Und als Zeitpunkt des Anstoßes des Dresdner Fußballs wurde bisher der Herbst 1886 vermutet, als unter der Leitung von Herrn Bier, dem Direktor der Turnlehrerbildungsanstalt Dresden, 12- bis 14-jährige Jungen erstmals auf einer sogenannten Schmelzwiese im Dresdner Ostragehege, dem späteren DSC-Platz, organisiert Fußball nach den englischen Regeln spielten.

Wie der Sport-Historiker Andreas Wittner vom Würzburger Sportantiquariat Kopp-Wittner bereits im letzten Jahr ermitteln konnte, berichtete eine Leipziger Zeitung im April 1874 in Wort und Bild von „einer Gesellschaft, die sich Dresden Football Club (D.F.C.) nennt“, und von deren Spiel, „bei dem die Bälle mit dem Fuße fortgeschleutert werden“. Der Verein zählte bereits im Gründungsjahr über 70 Mitglieder. Bei den Fußballern handelte es sich um junge Engländer, die berufsbedingt nach Sachsen kamen. Der Berichterstatter aus dem Jahre 1874 erzählt weiter von „einigen zwanzig jungen Männern in einem Costüm, und zwar zur Unterscheidung in verschiedenen Farben. Eine Art wollener oder seidener Unterjacken, mit und ohne Ärmel, kurz anliegende Beinkleider, die das nackte Knie sehen ließen, lange Strümpfe, sehr bequeme Schuhe oder Schnürstiefel bilden die Bekleidung.“ Bereits Hunderte von Zuschauern verfolgten an jenem Samstag im März 1874 das Treiben der Fußballer, die auf sie sehr exotisch und verrückt gewirkt haben müssen. Noch im Gründungsjahr 1874 muss es in Dresden auch ein Spiel des DFC gegen eine College-Auswahl aus den USA gegeben haben, aber darüber weiß man nichts Genaueres.

„Deutschsprachige Sport-Literatur gibt es erst seit 1880“, erklärt Sport-Historiker Andreas Tschorn, Vereinsarchivar des Dresdner SC. „Fußball spielte darin aber zunächst keine Rolle und auch in der Berichterstattung von Tageszeitungen kam er bestenfalls als Kuriosität vor“ so das Mitglied im Deutschen Sport-Club für Fußball-Statistiken (DSFS) weiterhin. „Es war zwar schon bekannt, dass 1874 in Dresden ein Club gegründet wurde, doch vermutete man bisher, dass es sich dabei um Rugby handelte. Bisher existierten nur ab 1891 Beweise für Fußballspiele eines Dresdner Football-Clubs im heutigen Sinne. Nun darf man aber davon ausgehen, dass Dresden die Geburtsstadt des modernen Fußballs in Deutschland und höchstwahrscheinlich sogar der ganzen Welt außerhalb Großbritanniens ist, wo bereits 1857 der Sheffield FC gegründet wurde. Bei den bisher oft in diesem Zusammenhang genannten Lausanne FaCC aus der Schweiz (1860 gegründet) und Oneida FC Boston aus den USA (existierte von 1861 bis 1867), kann man nach dem heutigen Stand der Geschichtswissenschaft nahezu ausschließen, dass diese neben Cricket bzw. Rugby auch Assoziationsfußball spielten, für den es ohnehin erst seit 1863 ein Regelwerk gab.“

Das der Leipziger Bericht keine Zeitungsente sein kann, beweist ein ebenfalls von Andreas Wittner entdeckter Satz der in Wien erscheinenden „Allgemeinen Sportzeitung“ aus dem Jahre 1894: „Der Dresdener English Football Club, der circa zwanzig Jahre besteht, hat bis 10. März 1894 weder ein Goal noch ein Spiel verloren.“ Demnach fuhr der DFC also in den ersten zwanzig Jahren nur Siege ein, ohne auch nur ein Gegentor hinnehmen zu müssen.

Dokumentiert wurde ein erstes Match des Dresdner FC von Philipp Heineken, dem späteren Gründungsvizepräsidenten des DFB, im Jahre 1898: „Am Neujahrstag 1891 versuchte sich der English F.C. (Berlin) mit dem Dresdner F.C. zu messen und erlitt von demselben eine anständige Schlappe von 7:0.“ Und die Leistung der Dresdner Mannschaft muss nach Aussage der Berliner sogar ein „Nonplusultra“ gewesen sein.

In den Jahren von 1891 bis 1894 sind laut Andreas Wittner sieben Spiele des DFC dokumentiert. Die ersten sechs Partien konnten die sächsischen Engländer alle gewinnen. Dabei erzielten sie ein sagenhaftes Torverhältnis von 34:0.

Bisher schon bekannt war der wohl größte Tag des DFC am 18. April 1892, als auf dem Berliner „Exercirplatz Einsame Pappel“ eine Berliner Stadtauswahl mit 3:0 besiegt wurde. Diese Mannschaft war gewissermaßen die Verbandsauswahl des „Deutschen Fußball- und Cricketbundes (DFuCB)“ und kann daher als frühe deutsche Nationalmannschaft bezeichnet werden, auch wenn sie nur aus Berlinern bestand. Unter den zahlreichen Zuschauern befanden sich auch Vertreter des preußischen Kultusministeriums und der englische Botschafter in Berlin. Es handelte sich um das erste groß in der Öffentlichkeit angekündigte Fußballspiel in Deutschland. Und die mehreren hundert Zuschauer, eine weitere Premiere, mussten sogar Eintritt entrichten. Eine Zeitung suchte nach den Gründen für die Überlegenheit des Siegers: „Die Frage, worin eigentlich die Engländer überlegen waren, ist unseres Erachtens in der sehr hochentwickelten Technik der einzelnen Leute zu erklären. Der Grund hierfür liegt darin, daß Kicken in der Jugend als selbständige Übung gelernt werden muß.“

Erst am 10. März 1894 sollte die eindrucksvolle Siegesserie der Dresdner gegen den Berliner TuFC Viktoria 1889, den frischgebackenen inoffiziellen Deutschen Meister, gebrochen werden. Das Hinspiel hatte der DFC noch mit 5:0 gewonnen, aber an besagtem Tage ist dem DFC „dieser Ruhm von der Berliner Victoria genommen worden – innerhalb zehn Minuten; innerhalb der ersten Hälfte errangen Victoria 2 Goals, während die Engländer nichts machen konnten. Endresultat 2 Goals der Victoria gegen 0 des English Football Club.“ In der Wiener „Allgemeinen Sportzeitung“ war zu lesen, dass „niemand an die Möglichkeit einer Niederlage dachte und, als die Depesche ankam, anfangs niemand an diese glauben wollte“. Damit war zwar der Nimbus der Unbesiegbarkeit der Dresdner Fußball-Ahnen aus England zerstört, aber in Dresden war bereits eine unaufhaltsame Fußball-Bewegung ins Rollen gekommen: Es waren Fußball spielende Mitglieder der „Turnerschaft 1877 Löbtau“, die sich in Ehrfurcht vor dem Dresdner FC als „Neuer Dresdner Fußball-Club (NDFC)“, die heutige SpVgg Dresden-Löbtau 1893, selbstständig machten.

Fünf Jahre später schlug dann die Geburtstunde des Dresdner SC: Elf junge Männer, darunter ehemalige Mitglieder des DFC und fünf ehemalige Mitglieder des NDFC, die im März 1898, da sie neben Fußball auch andere Sportarten treiben wollten, was sie beim NDFC aber nicht durften, ausgetreten waren, gründeten am 30. April 1898 um 12 Uhr mittags in der Gaststätte des Hotels „Stadt Coblenz“ in der Pfarrgasse 3 den „Dresdner Sport-Club“. Sechs Tage später einigte man sich auf die schon kurze Zeit später so berühmten Vereinsfarben Schwarz-Mohnrot und die DSC-Fahne als Vereinsemblem. Wie der DSC der lokalen Konkurrenz von Anfang an im Eiltempo davonlief, zeigen drei Ergebnisse: Den Mutterverein NDFC oder besser gesagt dessen Reste besiegte man am 13. Mai 1898, zwei Wochen nach der Vereinsgründung und ohne jegliches Training vorher, mit 4:1. Drei Jahre später gewann der DSC schon mit 20:0 gegen den gleichen Gegner. Und ebenfalls noch im Gründungsjahr 1898 erreichte der DSC gegen seinen weiteren Mutterverein DFC ein 0:0, das so langsam dessen Ende einläutete.

„Es war der große Vorteil des Dresdner SC, dass er von Anfang an für alle offen war, Deutsche und Engländer wie Fußballer und Athleten“, so DSC-Vereinsarchivar Andreas Tschorn. „Der erste DSC-Vorstand setzte sich 1898 zusammen aus dem Vorsitzenden Karl Baier und den Herren Kühnel, Hänsch, Keßler, Winsch und Eales, einem Briten. Das der berühmte Dresdner FC dann im Dresdner SC aufging, stärkte diesen nochmals ungemein.“ Schon 1905 sollte der DSC den dritten Platz bei der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft erreichen, zum ersten Meistertitel reichte es aber erst 1943.

Hier als Würdigung der Fußball-Pionierarbeit die Namen der Spieler des Dresdner FC aus dem Jahre 1894: Burchard – Beb (Mannschaftskapitän), Crossley – Graham, Atkins, Spencer – Ravenscraft, Johnson, le Maistre, Luxmoore, Young. Als Präsident des DFC amtierte zu jener Zeit Mr. Rev. Bowden.

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