Serie „DSC-Geschichte ab 1990“: Teil 2 = 1993-1996
07.04.2020
07.04.2020
Wir blicken in einer Serie auf die DSC-Geschichte seit der politischen Wende 1990 zurück. Teil 1 gab‘s vor einer Woche mit Berichten über die Anfänge nach der Wende mit dem Neustart des DSC 1898. Heute blicken wir auf die drei Saisons zwischen 1993 und 1996 zurück. Und es war nicht langweilig, so viel können wir versprechen. Freut Euch auf Statistiken, Spieler und Trainer, den Leipzig-Fluch, der WM in Dresden-Idee sowie weiteren Anekdoten. Nehmt Euch die Zeit zum Lesen, es lohnt sich.
Saison 1993/94 (Amateuroberliga Nordost-Süd)
Nach dem soliden ersten Jahr in der Amateuroberliga wollte der DSC an die gezeigten Leistungen anknüpfen. Und dies war auch wichtig, schließlich sollte die bevorstehende Saison eine entscheidende sein. Der Fußballverband strukturierte in einer bewegten Zeit mal wieder die Ligastruktur um. Im Jahr 1994 sollte eine Regionalliga unterhalb der 2. Bundesliga als neue 3. Liga eingeführt werden. Die 10 Oberliga-Staffeln wurden überdies auf 8 reduziert. Im Bereich des NOFV wurde so aus den drei Staffeln Nord, Mitte, Süd die noch heute bekannte Einteilung in eine Nord- und eine Süd-Staffel.
Den Meistertitel und Aufstieg in die 2. Liga sicherte sich der FSV Zwickau (inklusive Gewinn der Aufstiegsrunde). Vier Vereine (Erfurt, Aue, Sachsen Leipzig, Bischofswerda) der 16er-Liga schafften die Qualifikation für die neue Regionalliga. Und der DSC? Der spielte eine enttäuschende Saison und holte mit 5 Siegen sowie 8 Unentschieden nur 18 Punkte. Genauso wenig waren es am Ende für den FSV Hoyerswerda, der aber dank eines um vier Tore besseren Torverhältnisses als Vorletzter die Klasse hielt. Am letzten Spieltag ziehen die Nordsachsen mit einem 2:0 über den 1. Suhler FV am Sportclub vorbei, der im Steigerwaldstadion vor 400 Zuschauern gegen Erfurt mit 0:3 den Kürzeren zieht. Für die Friedrichstädter bedeutet der letzte und einzige Abstiegsplatz das Abrutschen in die dann nur noch fünftklassige Landesliga Sachsen, quasi ein Doppel-Abstieg.
Den Abstieg konnte auch ein Trainerwechsel nicht verhindern. Im Frühjahr 1994 übergab Matthias Müller den Staffelstab an den ehemaligen DSC-Spieler Karsten Petersohn, der nachfolgend bis zum Sommer das Zepter innehatte und dann wieder als Co-Trainer agierte. Dauerbrenner beim DSC war übrigens Fred Wonneberger, der später viele Jahre in Bischofswerda und Görlitz als Trainer aktiv war. Er bestritt als einziger Akteur beim DSC alle 30 Ligaspiele.
Im Landespokal Sachsen ging es diesmal bis ins Viertelfinale. Hier scheiterte man an den Amateuren vom VfB Leipzig (Landesligist) mit 1:2 nach Verlängerung. Da half auch die späte Einwechslung von Ersatztorwart Uwe Kuhl im Sturm nicht weiter. Mit 308 Zuschauern belegte der DSC Rang 12 der Zuschauertabelle, die Erzgebirge Aue knapp vor Sachen Leipzig gewann. Interessant auch, dass der Torschützenkönig der Liga, Daniel Bärwolf von Rot-Weiß Erfurt, mit 30 Toren nicht nur 60 % der Erfurter Tore besorgte, sondern auch ganze zwölf Treffer mehr erzielte als die gesamte DSC-Mannschaft. Mit Mirko Ullmann (Aue) und Hans-Jörg Leitzke schafften das auch zwei weitere Spieler, wenn auch deutlich knapper.
Saison 1994/95 (Landesliga Sachsen)
Der Abstieg war aber nur ein kleiner Knacks auf dem Weg zurück nach oben. Der Dresdner Sportclub meldete sich zurück, indem der sofortige Wiederaufstieg gelang. Und das am Ende erneut relativ souverän. Nur zwei Niederlagen sorgten für eine Punkteausbeute von 42:10. Damit hatte man vier Punkte, also zwei Siege Vorsprung vor den Amateuren des VfB Leipzig. Auf Rang drei kamen die Dynamo-Amateure ein während die Profimannschaft der Schwarz-Gelben samt Lizenzentzug aus der Bundesliga abstieg.
Auch auf der Trainerposition brachte die Saison wieder Neuigkeiten. Bereits im Sommer rückte Karsten Petersohn „zurück“ ins zweite Glied und die Mannschaft ging unter Führung von Horst Rau in die Saison. Der 1949 in Dresden Geborene war zu aktiven Zeiten DDR-Oberligaspieler bevor er seine Spielerlaufbahn beim DSC-Vorgänger FSV Lokomotive Dresden ausklingen ließ. Nach Trainerstationen bei Fortschritt Bischofswerda sowie beim damaligen Riesaer SV 1903 ging es für ihn zum Sportclub, wo er über drei Jahre das Traineramt begleiten sollte.
In dieser Saison tauchte beim DSC zum ersten Mal der Name eines gewissen Ronald Schmidt in den Kaderlisten auf. Der Mittelfeldspieler, der inzwischen übrigens bei Wacker Burghausen die meisten Profieinsätze verzeichnen kann, kam damals als 17-Jähriger von Blau-Weiß Freital ins Ostragehege. Schmidt äußerte sich dem Online-Team im Jahr 2005 gegenüber dazu wie folgt: „Horst Rau habe ich viel zu verdanken, ohne ihn wäre ich nicht da wo ich jetzt bin. Es war eine Superzeit, als wir von der Landesliga bis in die Regionalliga, innerhalb von 4 Jahren, aufgestiegen sind. Die Truppe war einmalig.“
Damit haben wir schon einmal einen kleinen Ausblick auf die nächsten Jahre gewagt. Schmidt blieb bis zum Sommer 1998 beim DSC, wechselte dann zum VFC Plauen. Im Sommer 2000 kam er nochmal für eineinhalb Jahre zurück, ehe es ihn für den Rest seiner Profi-Laufbahn nach Oberbayern zog, wo er heute immer noch als Co-Trainer der Wacker-Regionalligamannschaft arbeitet.
Ach, eins noch: Im Landespokal schied man diesmal im Achtelfinale aus. Wieder gegen die Leipziger Amateure vom VfB und wieder in der Verlängerung (1:4). Damit zog man dreimal in Folge gegen Leipziger Teams im Pokal den Kürzeren.
Und noch etwas Spannendes am Rande. Im Jahr 1995 gab es Gespräche zwischen dem DSC, NOFV sowie DFW bezüglich der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Der DFB hatte sich zu diesem Zeitpunkt beworben und der DSC wollte Dresden als Austragungsort mit dem Ostragehege ins Gespräch bringen. Im eigenen Programmheft bewarb man dies als „Die DSC-Idee: Fußball-WM 2006 im Ostragehege“. Zudem gab es auch da schon Ideen zu einer Umbenennung des Steyer-Stadions zugunsten Helmut Schöns. Inzwischen haben wir ja gesehen bzw. eher nicht gesehen, was aus beiden Initiativen geworden ist.
Saison 1995/96 (NOFV-Oberliga Staffel Süd)
Abstieg, dann Aufstieg, was kommt jetzt? Zunächst erst einmal eine der gravierendsten Änderungen im Fußball der letzten Jahrzehnte: die Einführung der 3-Punkte-Regel für einen Sieg. Vorher gabs 2:0 Punkte für den Sieg, 1:1 für ein Unentschieden und 0:2 für eine Niederlage. Der Sieg gewinnt also an Bedeutung. Aus den damals üblichen Punkteangaben wie 38:22 werden nun also schnell mal 54 Punkte. Und 54 entspricht auch der Punkteausbeute des DSC in der Saison 95/96. Damit reichte es für Platz 4 in der NOFV-Oberliga Staffel Süd.
Jetzt fragt Ihr Euch vielleicht, hat die neue Punkteregel da etwas geändert? Nein, vorn wäre die Tabelle identisch gewesen. Erst der Meißner SV 08 als Achter war ein Profiteur. Der MSV wäre nach alter Regel hinter die Remiskönige der Liga, den VfL Halle 96 und den FSV Hoyerswerda, auf Rang 10 zurückgefallen.
Vor im Schnitt 406 Zuschauern spielt der Sportclub also eine sehr solide Runde als Aufsteiger. Das ist immerhin der fünftbeste Wert in der Zuschauertabelle, allerdings deutlich hinter dem Aufsteiger in die Regionalliga, dem VFC Plauen – mit im Schnitt 1.773 Zuschauern.
Doch auch diese Saison behielt für die von Horst Rau und Karsten Petersohn trainierten Friedrichstädter zum Schluss eine Besonderheit bereit. Neben den beiden Staffelersten der beiden NOFV-Oberliga-Staffeln haben auch die Zweiten eine Chance auf den Aufstieg in die Regionalliga. Dies ist der Fall, wenn sich aus der Regionalliga Nordost der Erste in den Relegationsspielen um den Aufstieg in die 2. Bundesliga durchsetzt. Aber was interessiert es den DSC als Vierten? Nun ja, sowohl der Chemnitzer FC (Amateure) als auch der FC Carl-Zeiss Jena (Amateure) verzichteten auf Ihr etwaiges Aufstiegsrecht. Und so kommt der DSC ins Spiel und darf gegen den Zweiten der Oberliga-Staffel Nord um den möglichen Aufstiegsplatz spielen.
Gegen den VfB Lichterfelde Berlin setzen sich die Dresdner zweimal verdient durch. 2:0 heißt es in Dresden und 2:1 in Berlin. Doch es bringt nichts ein. Die Spiele sind schlussendlich wertlos. Der Berliner TC Borussia, als Tabellenerster der Regionalliga Nordost für die Aufstiegsspiele zur 2. Bundesliga qualifiziert, scheitert dort denkbar knapp am Nord-Meister VfB Oldenburg. Nach zweimal 90 Minuten steht es jeweils 1:1. In der Verlängerung des Rückspiels gelingt Oldenburg dann aber der aufstiegsbringende Treffer. Der Berliner TC Borussia verbleibt somit in der Regionalliga und der DSC in der Oberliga.
Im Kader des DSC tauchen mit den Gebrüdern Andreas und Knut Michael sowie Jens Flügel gleich drei Namen auf, die im weiteren Geschichtsverlauf beim DSC auch in die Trainerrolle schlüpfen sollten. Ebenso wie Uwe Lichtenberger, der später die 2. Mannschaft lange Zeit begleiten wird. Zu Ronald Schmidt gesellt sich übrigens nun auch Bruder Thomas Schmidt. Seine spätere Karriere endet allerdings nicht in der Bundesliga.
Im Landespokal ging es bis ins Halbfinale, wo man aber am Ligakontrahenten aus Chemnitz, den CFC Amateuren, scheiterte. Dafür steigt die 2. Männermannschaft in die Bezirksliga auf.
Noch was: Im vor der Saison erstellten DSC-Saisonheft gibt der Vorstandsvorsitzende Hartmut Paul als Saisonziel den Klassenerhalt aus, aber ebenso unumwunden zu, dass das „große Ziel ist, zum 100-jährigen Bestehen des DSC, im bezahlten Fußball mitzuspielen.“ Ob dies bis 1998 gelingt, erfahrt Ihr im Teil 3 unserer Serie – bald hier auf der DSC-Homepage.