Inside: Zum 100. Geburtstag von Hugo Mantel
24.05.2007
24.05.2007
Die DSC-Legende Hugo Mantel wäre am 14. Mai 2007 einhundert Jahre alt geworden. DSC-Vereinsarchivar Andreas M. Tschorn blickt auf das Leben des fünffachen deutschen Nationalspielers zurück.
Hugo Mantel wurde am 14. Mai 1907 im westfälischen Bövinghausen, heute ein Stadtteil von Dortmund, geboren. Mit dem Fußball fing er 1916 beim TuS Bövinghausen 04 an. Später spielte er dann beim Duisburger TSV 1899 (heute Eintracht Duisburg 1848) und beim TuS Rheinhausen (heute Olympischer SC 04 Duisburg-Rheinhausen), bevor er 1925 zum Dresdner SC wechselte.
Beim DSC fand er trotz seiner Jugend schnell den Weg in die 1. Mannschaft und nach Anfängen im Sturmzentrum schließlich als Außenläufer seine Idealposition. Er überzeugte vor allem durch seine brillante Balltechnik sowie sein hervorragendes Stellungsspiel. Mit dem Dresdner SC wurde er 1926, 1927 und 1928 Ostsächsischer Gaumeister, 1926 Mitteldeutscher Verbandsmeister und 1928 Mitteldeutscher Verbandspokalsieger. Bei der 1:0-Achtelfinal-Niederlage am 16. Mai 1926 beim Breslauer SC 1908 absolvierte er sein erstes und einziges Endrundenspiel zur Deutschen Meisterschaft für den DSC.
Seinen Spitznamen „Der Schotte“ erwarb er sich nicht nur wegen seiner materiellen Sparsamkeit, sondern auch wegen seiner körperlosen und nüchternen von Flach- und Kurzpässen geprägten Spielweise. Die Zeitschrift „Fußball“ beschrieb es folgendermaßen: „Alles ist Sparsamkeit an diesem Spieler. Er gibt kaum Geld aus, er macht keinen Schritt zu viel im Spiel, er zählt auch die Schweißtropfen beim Training. Aufregen tut er sich nicht. Das geht bei ihm bis zur reinen Gleichgültigkeit.“
Dennoch oder vielleicht gerade deshalb durfte „Deutschlands technisch bester Außenläufer“, gerade einmal 20 Jahre alt, am 2. Oktober 1927 gemeinsam mit acht weiteren Debütanten beim 1:3 gegen Dänemark in Kopenhagen erstmals das DFB-Dress überstreifen. Der große internationale Durchbruch sollte ihm letztlich trotz seines Könnens aber verwehrt bleiben. 1927 stand Hugo Mantel auch in der mitteldeutschen Verbandsauswahl, die sich durch ein 1:0 im Endspiel gegen Norddeutschland in der Altonaer AFC-Kampfbahn den Bundespokal sicherte.
Im Mai 1928 wechselte Hugo Mantel schließlich zur SG Eintracht Frankfurt. Mit den Riederwäldern wurde er 1930 und 1932 jeweils Süddeutscher Meister und 1932 zudem Deutscher Vizemeister (0:2 im Endspiel gegen den FC Bayern München). Der als kühl kalkulierender Geschäftsmann bekannte und beruflich in der Versicherungsbranche tätige „Schotte“ brach im Februar 1934 seine Zelte in Frankfurt einstweilen ab, da die Übernahme einer pharmazeutischen Vertretung im italienischen Mailand eine lukrativere Gewinnspanne versprach.
Der AS Ambrosiana Inter Milano (heute Internazionale FC Milano, also Inter Mailand) umwarb ihn, jedoch bekam er als Ausländer keine Spielgenehmigung. Vom hochklassigen Fußball konnte er bei allem Sinn fürs Geschäftliche aber nicht ablassen und so kehrte Hugo Mantel zehn Monate später wieder nach Deutschland zurück, um ab Dezember 1934 wieder seine Fußballschuhe für die Eintracht zu schnüren.
Insgesamt absolvierte er von 1928 bis 1937 für die Eintracht 110 Einsätze in der Meisterschaft (drei Tore), 58 Einsätze in der Süddeutschen Meisterschaft, 11 Einsätze in der Endrunde der Deutschen Meisterschaft und vier Einsätze im Tschammer-Pokal. Zudem kam er zwischen 1930 und 1933 zu vier weiteren Einsätzen in der deutschen Nationalmannschaft.
Ab 1937 ließ er als Spielertrainer beim VfL Germania 1894 Frankfurt seine Karriere ausklingen. Als ehrenamtlicher Sportlehrer und versierter Stürmer führte er den alten Frankfurter Traditionsverein stetig nach oben. 1940 wurde er jedoch in die Wehrmacht einberufen. Der Zweite Weltkrieg beendete sein Leben. Im Januar 1942 wurde Hugo Mantel an der Ostfront schwer verwundet. Er starb am 3. Februar 1942 in einem Lazarett an Flecktyphus.
Hugo Mantel besaß eine ausgeprägte Fußball-Intelligenz bei gleichzeitiger erstaunlicher Ruhe. Legendär seine Antwort vor einem wichtigen Endrundenspiel zur Deutschen Meisterschaft, als man ihn fragte, wie es um seine Nervosität bestellt sei: „Ich fühle mich so, als wenn ich gegen Germania Bieber spielen müsste…“ Solche Typen und Persönlichkeiten des Fußballs vermisst man heute beim Dresdner SC und anderswo.