DSC trauert um Horst Seifert (Spieler der SG Friedrichstadt)
09.06.2025
09.06.2025
Bild: Spielerpass von Horst Seifert beim DSC Heidelberg
Mit großer Trauer hat der Dresdner Sportclub 1898 die Nachricht empfangen, dass Horst Seifert – vielen auch unter seinem Spitznamen „Saftl“ bekannt – im stolzen Alter von 99 Jahren in der Nacht zum Pfingst-Sonntag von uns gegangen ist. Seifert war der letzte noch lebende Spieler der legendären Elf der SG Friedrichstadt, dem einstigen DSC-Nachfolger.
Horst Seifert wurde am 17. Oktober 1925 geboren und war in den späten 1940er-Jahren als schneller und technisch versierter Rechtsaußen für die SG Friedrichstadt aktiv – jenen Verein, der nach dem Zweiten Weltkrieg als Nachfolger des zwangsweise aufgelösten Dresdner Sport-Clubs gegründet worden war. In 12 Spielen erzielte Seifert sechs Tore für die Friedrichstädter und spielte unter anderem an der Seite von Helmut Schön, dem späteren Weltmeister-Bundestrainer.
Unvergessen bleibt die Saison 1949/50, die mit dem berüchtigten Endspiel um die DDR-Meisterschaft zwischen der SG Friedrichstadt und der BSG Horch Zwickau endete – jenem Spiel, das am 16. April 1950 vor 60.000 Zuschauern im Dresdner Ostragehege zum Politikum und Skandalspiel wurde:
„Der Sport-Club-Nachfolger, die SG Friedrichstadt, bekam dann ebenfalls Probleme, da die Forderung bestand, dass nur eine BSG, keinesfalls eine SG, als Meister der DDR gekürt werden darf. So kam es am 16.04.1950 nach Punktgleichheit zwischen der SG Friedrichstadt und der BSG Motor Zwickau im Dresdner Ostragehege zum Entscheidungsspiel vor 60.000 Zuschauern! Mit dem Oberhaupt der DDR, Walter Ulbricht, auf der Steintribüne und dem von seiner Polit-Riege gut eingewiesenen Schiedsrichter Schmidt aus Schönebeck wurde das Spiel zum Skandalspiel.
Der gute Teamgeist in der Mannschaft gab letztlich den Ausschlag, nach diesem Skandalspiel gemeinsam den noch jungen DDR-Staat zu verlassen. Das war das Ende einer traditionsreichen Fußballmannschaft in Dresden! In einer Nacht-und-Nebel-Aktion verließ fast die gesamte Mannschaft mit ihren Familien innerhalb weniger Tage ihr Heim in Dresden. Eine wohl einmalige Aktion und Sensation im deutschen Fußballgeschehen! Der Weg führte nach Westberlin. In einer Fusion Hertha BSC/DSC spielten fast zwei Jahre noch elf Spieler von uns Dresdnern erfolgreich Fußball. Aus finanziellen und Sicherheitsgründen wechselten dann neun Spieler unseres Teams nach Heidelberg und schlossen sich der TSG an.“
(Zitat Horst Seifert , aus dem Buch „Schwarz-Rote Leidenschaft“ / 2023)
Nach dem Spiel verließen Seifert und ein Großteil seiner Mannschaftskameraden die DDR. Auch ihn zog es zunächst nach West-Berlin zum Hertha BSC/DSC und später zum Dresdner SC Heidelberg, wo er bis 1968 aktiv blieb. Seine Fußballlaufbahn ließ er bei den Alten Herren von Bad Godesberg ausklingen.
Horst Seifert war nicht nur ein hervorragender Fußballer, sondern auch ein Zeitzeuge und Mittler zwischen zwei Epochen des Dresdner Fußballs. Sein Lebensweg steht exemplarisch für die sportlichen und politischen Umbrüche der Nachkriegszeit – und für die tiefe Verbundenheit zur schwarz-roten Tradition unseres Vereins. Bis zuletzt interessierte er sich für den Weg unseres Dresdner SC und freute sich gemeinsam mit allen anderen Sportclub-Anhängern im vergangenen Jahr über den Aufstieg in die Landesliga Sachsen. Ihn beeindruckte der Start im neuen Stadion mit nahezu 3.000 Zuschauern.
Der zuletzt in Remagen am Rhein (Rheinland-Pfalz) lebende ‚Saftl‘ wäre in vier Monaten am 17. Oktober 2025 100 Jahre alt geworden.
Der Dresdner Sportclub 1898 verneigt sich in Dankbarkeit vor einem großen Sportsmann und einem tollen Menschen. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie, seinen Freunden und allen, die ihm nahestanden.
Wir werden Horst Seifert ein ehrendes Andenken bewahren.
Zum letzten Heimspiel der laufenden Saison wird der Dresdner Sportclub im Gedenken an Horst Seifert in Trauerflor antreten.
Dresdner Sportclub 1898 e.V.