Nun ist es also soweit: Das Landespokalfinale Sachsens steht an und unser DSC ist trotz dreier Siege aus drei Spielen im laufenden Wettbewerb nicht mit dabei. Kurioserweise darf dagegen der DSC-Achtelfinal-Kontrahent 1. FC Lokomotive Leipzig am Pokalfinale teilnehmen, ohne das Achtelfinale bestritten zu haben. Die Leipziger stehen nun also im Finale, obwohl sie erst auf zwei Siege im Pokal verweisen können, darunter zudem noch ein Halbfinal-Sieg über eine Juniorentruppe von Dynamo Dresden. Ich möchte dieser Leistung ja nichts absprechen, aber die Vereine, die mit zum Teil vier Erfolgen zwangsausscheiden mussten, dürften sich da schon etwas komisch vorkommen.
Der Finaltag der Amateure ist eine Erfindung, die 2016 erstmal stattfand. Die ARD zeigt seitdem in einer mehrteiligen Konferenz über den Tag hinweg die Finalspiele und möchte so den Amateurfußball fördern. Über den Sinn und Zweck lässt sich ja schon getrost streiten, dies aber nun zum wirtschaftlichen Dreh- und Angelpunkt der Entscheidung über einen SPORTLICHEN Wettbewerb zu machen, lässt zumindest viele Frage offen.
Von 21 Landesverbänden sind nun auch nur 13 Verbände übriggeblieben. Dies wiederum hat die ARD dazu veranlasst, gar keine Live-Konferenz zu zeigen und überlässt die Ausstrahlung den dritten Programmen. Aber Hauptsache „wir“ haben dafür den heutigen Finaltag in Stein gemeißelt und keine andere Option in Betracht gezogen. Nur ein Amateurverein ist nun beim Finaltag der Amateure dabei und der wurde ausgelost. Der Profi-Gegner wurde übrigens nicht ausgelost. Auch eine sehr wirre Handhabe im Rheinland.
Acht Landesverbände haben sich davon nicht beeindrucken lassen und sind heute nicht mit dabei. So warten beispielsweise die Fußballverbände aus Schleswig-Holstein, Bremen, Südbaden, Bayern und dem Südwesten noch ab und blicken auf eine rein sportliche Lösung ohne Lose oder Zwangsausscheide.
Spannend auch die sportrechtlichen Entscheide in unseren benachbarten Bundesländern Thüringen und Sachsen-Anhalt. Dort wollte man ebenso Finalspiele erzwingen, ohne die Interessen aller Vereine zu berücksichtigen. In Sachsen-Anhalt spielen daher heute der 1. FC Magdeburg und der Hallescher FC ein Finale, bei dem nach einem gestrigen Urteilsspruch des Verbandsgerichtes nicht mehr klar ist, ob der heutige Sieg eines Vereines auch eine Konsequenz in Form der DFB-Pokal-Qualifikation haben wird. In Thüringen wurde auch dem Einspruch einiger Amateure Recht gegeben, so dass der Pokal nun Ende Juni ausgespielt wird.
In Sachsen dagegen lautete die Devise: Wir machen unbedingt mit am Finaltag der Amateure, aber eben OHNE ALLE Amateure. Die wenigen Profi-Clubs dürfen sich mit Minimalaufwand um den lukrativen DFB-Pokal-Startplatz streiten und haben so die Chance auf den wichtigen Geldtopf. Der Verband hat seinen Finaltag der Amateure. Und die Amateure gucken in die Röhre.
Richtig „amüsant“ wird nun der Blick auf die neueste Corona-Schutzverordnung Sachsens, die gestern veröffentlicht wurde. Nach dem Fußballtraining für die Amateurvereine sind demnach nun auch Spiele für die Amateure möglich. Hätte man also abgewartet, wäre nun bis 30. Juni Zeit geblieben, den Landespokalsieg auszuspielen. Denn erst dann muss der DFB-Pokal-Teilnehmer Sachsens an den DFB gemeldet werden. Das bedeutet insgesamt sechs Wochen Trainingszeit und gut vier Wochen Zeit für das Ausspielen der vier Pokalrunden. Noch dazu sind laut der neuen Verordnung unter Hygieneauflagen sogar Zuschauer zulässig. Es hätten also sogar kleine Fußballfeste werden können.
Eine sportliche Entscheidung des Pokal-Wettbewerbs wäre also möglich gewesen. Die Highlights für die Amateurvereine wären möglich gewesen. Eine faire Ermittlung des DFB-Pokal-Startplatzes wäre möglich gewesen. Konnte man dies voraussehen? Darüber lässt sich sicherlich streiten. Schwierig ist dagegen, dass man diese Optionen gar nicht in Betracht gezogen hat. Und diese Kritik müssen sich der Verband und auch die Profi-Vereine, die den Vorschlag selbst eingebracht haben, gefallen lassen. Hier ging es eben nicht um die sportlichen Interessen oder die Interessen der Amateurvereine, hier hat jeder zuerst an sich gedacht.
Hätte der DSC nun nach über sechs Monaten Trainingsverbot überhaupt eine Chance gegen Lok Leipzig im Pokal-Achtelfinale gehabt? Einerseits muss ein Spiel erst einmal gespielt werden, bevor der Pott verteilt wird. Andererseits ist die Frage auch sekundär: die Möglichkeit zugunsten eines sportlichen Entscheids sollte einem Zwangsausscheiden von zehn Vereinen immer vorgezogen werden. Und den Amateurvereinen wurde so auch die Chance auf ihre sportlich erkämpften Highlights genommen. Wenn man diese aber nur zum Ausstaffieren des Spektakels benötigt, ehe die Profis den Titel ausspielen, kann man sich den Pokal sparen. Nicht umsonst steht der Verband auch zurecht dafür in der Kritik, dass die Profivereine erst in der 3. Runde oder im Achtelfinale in den Wettbewerb einsteigen. Man darf gespannt sein, ob wenigstens hier die richtigen Lehren für einen sportlich fairen Wettkampf gezogen werden. Und auch hier gilt: andere Landesverbände machen es seit Jahr und Tag vor. Dann gewinnt auch die DFB-Kampagne „Unsere Amateure. Echte Profis.“ zumindest ein minimales Stück weit an Ehrlichkeit.
Zusammenfassend kann man den Sächsischen Landespokal 2020/21 getrost als wertlose Farce bezeichnen. Ein Titel mit einer fragwürdigen Vorgeschichte. Ein Pokal ohne Stolz. Ein Entscheid, der rein des Geldes wegen stattfindet. So sieht die neue Fußballromantik aus, mit der sich nun scheinbar auch die Fußball-Amateurwelt auseinandersetzen muss.
Ein Kommentar von eenergy
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